Donnerstag, 21. Mai 2009

Einmal Gletscher und zurück, 1. Klasse

Wer denkt, dass Zugfahren langweilig und ein notwendiges Übel ist, der sollte an dieser Stelle besser aufhören zu lesen. Eisenbahnromantiker kommen jetzt vielleicht auch nicht ganz auf ihre Kosten, aber immerhin: Auch eine Bahnfahrt kann einen Blogeintrag wert sein.
Der mit Sicherheit langsamste Weg, um von Bergen nach Oslo zu kommen, ist der mit der Bergenbahn. Es ist aber auch der schönste. Man fährt einmal quer durch Südwestmitteloderwasauch immer-Norwegen, jedenfalls durchquert man in der Breite einmal komplett das Land und fährt von der eher rauen Westküste über ein Gebirge mit Gletschern wieder ans Meer, an den Oslofjord. Unterwegs hält die Bergenbahn in den unglaublich coolen Städten „Gol“ und „Geilo“, die beide im Hochgebirge liegen.
Das ganze dauert stolze sieben Stunden, ist aber ein bisschen wie Natur-Kino. In jedem Zugabteil gibt es einen gesonderten Abschnitt, indem links und rechts ein Ledersessel vor einer Glaswand steht, wo man herausschauen kann (muss!). Der Zug fährt nicht besonders schnell (Absicht?) und so kann man sich das ganze Spektakel im Zweimann-Kino gemütlich ansehen. Komischerweise gibt es nie Gedrängel um die Plätze und lustigerweise schlafen diejenigen Naturfans, die sich durch die Glaswand ergötzen, meist schon nach einigen Minuten ein – und verpassen so das Beste. Diese Schönheit verträgt eben nicht jeder.
Die Strecke geht im ersten Abschnitt stetig bergauf, bleibt dann eine Weile konstant und geht schließlich wieder bergab. Wie beim Bergsteigen. Umso höher man kommt, desto mehr Schnee liegt und da es beim Aufstieg stetig mehr wird, könnte man fast den Eindruck gewinnen, als würde es schneien. Tut es natürlich nicht, aber trotzdem ist man auch im Mai plötzlich wieder mitten in einer Schneelandschaft.
Der Finse-Tunnel ist der höchste Punkt (1237 Meter über dem Meeresspiegel), den man nach 2:24 Stunden erreicht. Ein wirklich guter Krimi, den ich letztes Jahr zum Geburtstag geschenkt bekommen habe, spielt dort. Da entgleist die Bahn wegen des großen Eisvorkommens im Winter und die Fahrgäste sind mehrere Tage eingeschneit – eine Straße gibt es hier nämlich nicht. Dafür laut Prospekt aber jährlich eine halbe Million Fahrgäste und die angeblich extremsten Wetterverhältnisse einer Eisenbahnstrecke in Europa.
Bei meiner Zugfahrt ist aber zum Glück niemand gestorben und ich hatte Zeit, einige Blogeinträge zu schreiben. War aber nicht minder spannend, finde ich.

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