Sonntag, 31. August 2008

Abgebrannt im Trollenland

Hallo Freunde,
sicher kennt ihr das: Der Monat neigt sich dem Ende entgegen und mit ihm auch der Kontostand. Was nun? Augen zu und weiter auf den Putz hauen, oder nicht doch lieber kleinere Schritte machen? Schwere Entscheidung und während des Auslandssemesters ein denkbar schmaler Grat... Als ich eben lustige Synonyme für "pleite" googeln wollte, bin auf einen Spruch von Konfuzius gestoßen: "Wenn die Sprache nicht stimmt, ist das, was gesagt wird, nicht das, was gemeint ist." Toller Spruch. Aber weißte Konfuzius, ohne Kohle ist auch alles nix. Wie lebt es sich ohne Geld in der teuersten Stadt der Welt? Das hab ich mir anlässlich des Monatsendes heute mal (nicht ganz ernsthaft) überlegt. Hier meine Überlebensstrategie...

1.) Nahrung:
Wasser ist in Oslo reichlich vorhanden. Sogar in Spitzenqualität. „Bergquell“ kauft man hier nicht im Supermarkt – sondern zapft es frisch aus der Leitung. Bierdurst? Zahlreiche Willkommens- Veranstaltungen für internationale Studenten warten (mit der Einladung gibt's ein Bier gratis). Auch noch Hunger? Warum sich nicht mal von seinen vietnamesischen Mitbewohnern einladen lassen?

2.) Unibücher:
Niemals kaufen! Sind zwar bei amazon.co.uk um die Hälfte billiger als im Uni-Buchshop, aber immer noch viel zu teuer (zumal, wenn man 5-7 pro Kurs benötigt). Alternativ geht auch kopieren. Wird hier aber gar nicht gerne gesehen - daher die erste Schwierigkeit: Copyright (Man darf maximal 25 Seiten aus einem Buch kopieren). Zweite Schwierigkeit: die Kosten. Kopieren ist billig? Nicht hier (Foto: Unibibliothek). Eine Seite kostet eine Krone (12,5 Cent). Die billigsten Brötchen im Supermarkt auch. Daher besser: Gruppenarbeit… Nachteil: Man muss jede Woche den Platz wechseln (fällt ja sonst auf). Vorteil: Endlich lernt man mal ALLE Seminarteilnehmer kennen.

3.) Freizeit:
Du hast keinen Fernseher? Kein Problem, das Internet stellt alles bereit, was das Herz begehrt: Filme, Serien, youtube und den beliebten Online-TVrecorder (Sendungen aufzeichnen, später via PC anschauen, toll!)
Kostenlose Museen, ein schicke Innenstadt mit Hafenpromenade und der Oslofjord sind auch nicht zu verachten. Zusätzlich gibt es am Wochenende oft Festivals quer durch die Innenstadt (z.B. ein Jazz-Festival jeden Sonntag Abend).
Lust auf Unternehmungen? Oslo bietet 40Quadratkilometer Natur pur, direkt hinter den Toren der Stadt tummeln sich Wälder und Seen – vollkommen gratis. Mit der Monatskarte der Metro kann man außerdem auch kostenlos die Fähren nehmen um auf die Inseln im Fjord zu fahren.

4.) Sport:
Dort findet man bei schönem Wetter an vielen Ecken BBQs, wo viele Würstchen übrig bleiben (--> siehe „Nahrung“) und viele Sportarten wie Beachvolleyball oder Fußball betrieben werden. Jeder kann mitmachen. Gratis – und Spaß garantiert!
Sportangebote der Uni? Niemals nutzen! 1000 Kronen für ein Semester sind eindeutig zu viel. Joggen kann man auch um einen See, Liegestützen daheim haben noch keinem geschadet. Und Kurse wie Aquagymnastik sind ja auch eher was für Schwangere...

5.) Uni:
Lernen ist müßig, aber nützlich. Und billig. Wenn die anderen am Samstagabend durch die Clubs ziehen (150 Kronen Eintritt, 80 Kronen ein Bier), sitzt du am Schreibtisch und treibst die Karriere voran. "Zahlt" sich später aus. Hoffentlich.

6.) Kommunikation:
Ein Hoch auf das Internet: ICQ, skype und SMS sind kostenlos und halten dich auf dem Laufenden (Foto: moderner Computerpool in der Uni) . Es empfiehlt sich reger Kontakt! Man kann schließlich nie wissen – vielleicht wirst du bald zu einer Party eingeladen, wo kühles Bier und ein Buffet warten…

So, jetzt ist es fünf vor zwölf. Noch fünf Minuten, bis wieder schwarze Zahlen geschrieben werden. Noch fünf Minuten und ich bin wieder im Geschäft...! Vorübergehend zumindest - das nächste Monatsende kommt bestimmt ;-)

Donnerstag, 28. August 2008

Die Arbeit ruft

Tja, wenn meine Berichte in den letzten Wochen nach Urlaub klangen - damit ist es jetzt wohl leider erstmal vorbei. 300 Seiten englische Medienlektüre, einen Kurzfilm und einen Aufsatz auf norwegisch - das Wochenende wird sicher toll... Und als wäre das alles nichts, freuen sich auch noch zwei Hausarbeiten und ein Essay auf mich, die sich vom vergangenen Semester in Deutschland angehäuft haben. Als ich Anfang/Mitte Juli nach Oslo kam, war das Semester in Münster ja noch gar nicht beendet. Während viele andere am Wochenende nun Trips zu Gletschern und Nationalparks machen, werde ich dann hier am Schreibtisch versauern. Ihr könnt also ein wenig mit mir fühlen (wahlweise geht auch Schadenfreude), die Dealine für den Essay ist nämlich morgen früh und das bedeutet für heute: Nachtarbeit! Aber, wenn ich eines aus dem Sprachkurs gelernt habe, dann die Einstellung: "det går oftest bra". Aufmunternde Kommentare sind gerne erwünscht ;-)
Noch etwas hat sich zugetragen: Carmen ist heute in Valencia angekommen. Dort sind es knackige 30 Grad und man läuft wahrscheinlich bis in die Nacht hinein mit kurzen Klamotten rum. Während sie mir das heute via skype erzählt hat, habe ich ernsthaft überlegt, zum ersten Mal hier die Heizung einzuschalten. Mittlerweile sinken die Temperaturen unter 15 Grad. Am Wochenende wird es zwar angeblich nochmal schön, aber für die Zeit zwei Wochen später wird "Wintereinbruch" gemeldet. Ich wiederhole: Wintereinbruch. Im September. Während Carmen dann also im Bikini am Strand relaxt, werde ich eventuell schon Schal und Mütze tragen. Na ja, irgendwie passt das ja zum Rest im Moment... ;-)


Mittwoch, 27. August 2008

Knut macht Mut

Heute hatte ich meine zweite Vorlesung an der Uni. Schon lustig, wie das in Norwegen läuft. Die erste halbe Stunde ist eher ein „social get together“, der Professor stellt sich vor (nicht unüblich, dass er auch ausschweifend über seine Familie erzählt), fragt dann, wer so aus welchen Ländern kommt. Erst werden die Kontinente abgefragt, dann die einzelnen Ländern. „So, you’re from Costa Rica/Uganda/South Corea – nice!“ Und alle freuen sich, dass sie hier sind (lustig sein kann auch anstrengend sein…). Dann erklärt er, wie der Kurs ablaufen wird (wie viele Bücher man sich anschaffen MUSS, welche Art Prüfung man ablegt) und das letzte Drittel füllt er mit Inhalten. Ich mache jetzt, neben meinem wöchentlich 8stündigen Norwegischkurs (Level II), zwei Kurse: „Media and Globalisation“ und „Mediatized stories. Self-representions in digital storytelling“, beide sind vierstündig und bestehen aus Vorlesung und Seminar, wobei das Seminar eher eine Art Tutorium ist, das von Studenten geleitet wird und wo man auch Ausflüge zu Medieninstitutionen macht. Die Vorlesungen gehen jeweils von 10.15 bis 12 Uhr, wobei man in der Mitte eine 15minütige Pause einlegt und auch mal zusammen mit dem Professor in die Caféteria geht. In meinem Fall ist das Knut und ich kann euch sagen: Knut tut gut! Ich habe ihn in der Kaffeepause verfolgt und direkt mal auf einen Hilfskraftjob angesprochen (Kaffee hat aber nur er getrunken. Die Preise…). Knut heißt nicht nur wie der liebliche Eisbär aus dem Berliner Zoo, sondern ist ansonsten auch am hiesigen Institut ein ziemlich hohes Tier. Er leitet das Forschungsprojekt „Mediatized stories“ (http://www.intermedia.uio.no/mediatized/), für welches das Medieninstitut hier international bekannt ist. Studenten erfahren hier eine hohe Wertschätzung: Knut nahm meine Anfrage sofort total ernst und lädt mich zu einer Art Vorstellungsgespräch morgen Mittag in sein Büro ein (über Nacht noch schnell eine englische Bewerbung hinzaubern – und los geht’s…). Hilfskräfte heißen hier „research assistants“ und verdienen ab 20 Euro die Stunde. Knut konnte kaum glauben, als ich ihm erzählte, dass wir für vergleichbare Arbeit in Deutschland ca. 8 Euro bekommen (wörtlich: „whaaat“?). Also, drückt mir die Daumen morgen, dass das klappt morgen… Ich will schließlich noch ans Nordkapp ;-)

Zurück zur Vorlesung. Man macht hier weniger Kurse, dafür die aber intensiver (ein Kurs hat zwischen 10 und 20 ECTS). Ich bin als Masterstudent eingestuft und muss sagen, dass das Niveau niedriger ist als in Deutschland. Bisher zumindest. Im „Mediatized stories“ Kurs muss ich „nur“ eine zehnseitige Hausarbeit schreiben (die wird im Seminar kreiert – in Deutschland undenkbar). Klar, alles ist auf englisch, aber das sollte keine Hürde mehr sein. Die Seminare sind laut Knut „very lay back“, es kommt mehr auf Soziales an: Wir sollen uns kennenlernen, uns austauschen (Grundlage dafür: 1800 Seiten englische Lektüre…) und lernen, miteinander zu arbeiten. Dass zur Uni gehen auch „Spaß“ machen kann, war mir bislang nicht bekannt…

Die norwegische Art zu studieren hat uns Knut heute gleich mal demonstriert und lud alle Teilnehmer der Vorlesung (60, aus 17 Ländern) zum Mittagessen in ein Café ein (alles auf Kosten der Uni natürlich). Er wolle uns ja schließlich auch kennenlernen… Freunde, ich liebe Norwegen!

Montag, 25. August 2008

Falsche Zeit, falscher Ort. Oder: dress properly...

Auf Hochs folgen ja bekanntlich Tiefs. Und wenn die Heimat einen in der Fremde besucht und dann wieder geht, dann ist man gedanklich in der Heimat, tatsächlich aber in der Fremde – nur ohne Heimat. Versteht man dieses Gewirr…? ;-) Mit anderen Worten: Seitdem Carmen wieder weg ist, ist mir stinkelangweilig. Ich habe mich lange gefragt, wann dieser Tag wohl mal kommen wird, dass mir langweilig ist in Oslo. Heute war es so weit. Und wie. Und weil mir so langweilig war, habe ich mal eine Liste gemacht. Titel: Was ich an Deutschland vermisse und was nicht (Achtung: Brainstorming!). Also, los geht’s:

Was ich in Norwegen vermisse: Brunch Paprika-Peperoni, Carmen, Döner, richtiges Nutella, meinen Balkon, Skandinavien-Schwärmerei mit Steffi, Fifa-Zocken mit Benni, bei Jensen abhängen, Geld besitzen, Fußball im Fernsehen schauen, Public-Viewing (in Norwegen noch nicht angekommen…)

Liste, was ich in Norwegen nicht vermisse: Affektiertheit, Bürokratentum (Rechnungen), Münsters Schmuddelwetter, Uni-Seminare, die man nur macht, damit man den Schein bekommt, Praktika, die nur gemacht werden, um den Lebenslauf zu schmücken, Mensa-Essen, Bayern München, Bus fahren (T-bane ist viel cooler)






Ah, noch etwas, dass in Deutschland ganz praktisch ist: Fix-Tüten! Carmen hat Gott sei Dank welche mitgebracht und so konnte ich heute mal ein sehr deutsches Essen zubereiten: Spaghetti-Bolognese (ist italienisch, sagt ihr? Das würde kein Italiener bestätigen, wenn man es mit Maggifix zubereitet…). Eigentlich das Highlight des heutigen Tages – gäbe es nicht lustige Neuigkeiten von meinen asiatischen Mitbewohnern…

Samstag Abend war bei uns in der Bude eine mittelschwere Party im Gange (David hatte eingeladen) und alle Mitbewohner waren natürlich auch eingeladen „mitzufeiern“ (was soll man auch sonst tun bei 50 Leuten auf 50 Quadratmetern…?). Unseren vietnamesischen Freunden war das ein wenig zu viel Halligalli und sie zogen es vor, erst so gegen 23 Uhr wieder nach Hause zu kommen – in dem Glauben, die Party sei da längst vorbei… Leider falsch, denn nun waren wir 52 Leute auf 50 Quadratmetern und unsere Freunde aus Fernost gewissermaßen „traumatisiert“ von dem Massenandrang. Das war wie gesagt Samstag. Seitdem wurden sie in unserer Wohnung nicht mehr gesichtet (wo kochen sie jetzt bloß?). Bis heute Nachmittag zumindest. Nichtsahnend stand ich in der Küche, mich liebevoll um meine Fix-Tüte kümmernd, da kamen sie herein und wollten mich gerade begrüßen. Normalerweise freuen sie sich auch sehr darüber, dass Europäer kochen und quittieren dies mit einem zart dahingehauchten „oh, nice smell“. Doch heute irgendwie nicht. Erst einige Zeit später habe ich realisiert warum: Ich trug ein T-shirt, über dessen Aufschrift ich eigentlich bisher nie groß nachdachte („Eat more rice, bitch!“). Oooooops…! Aber hey – das habe ich in Thailand gekauft, da fand man das lustig.

Sonntag, 24. August 2008

Besuch! Aus Deutschland und Vietnam.

Hi Leute,

längste Zeit, dass ich mich mal wieder melde... Letzte Woche hat Carmen mich besucht und wir haben eine coole Woche in Oslo verbracht. Vielleicht ging es euch ja auch schon mal so: Wenn ihr alleine in einer neuen Stadt seid und dann zum ersten Mal besucht werdet, erlebt ihr die Stadt noch mal auf eine ganz andere Art, quasi durch die Brille des Besuchers. Dann kommt man irgendwie nochmal an. Ist es auch ein gutes Gefühl, wenn dem Besucher die Stadt gefällt - dann fühlt man sich gleich noch viel wohler ;-)

Das Wetter in Oslo ist, wie schon öfter erwähnt, sehr unbeständig – selbst bei Sonnenschein geht man selten ohne Regenjacke im Rucksack länger nach draußen. So unzuverlässig wie das Wetter ist aber auch die Wettervorhersage: Es gibt drei lokale Internetseiten, die teilweise sogar über spezielle Funktionen verfügen, die das Wetter auf die Stunde genau an bestimmten Tagen anzeigen kann. Kann – denn zutreffend ist sie selten. Jede der drei Seiten sagt interessanterweise auch anderes Wetter voraus.

Für die ganze Woche, in der Carmen da war, wurde sowohl einige Zeit vorher als auch kurz vorher noch fast ausschließlich Regen gemeldet. Tatsächlich war es aber die ganze Woche über schön (so was ist kein Zufall…) und wir konnten viel unternehmen: Wanderung durch Oslos Waldreservat, Grillen auf Fjordinseln und (darf nicht fehlen) erkunden der Osloer Shoppingmeilen. Am Hafen wurde vor einigen Jahren etwa ein neuer Stadtteil (Akerbrygge) gebaut, der überwiegend aus einer hypermodernen Shopping- und Flaniermeile sowie unzähligen Cafés, Restaurants und Bars besteht. Ist echt super da – und ohne Carmen würde ich das nicht kennen. Ein Highlight war auch unser Elch-Eintopf (elgrytte), den wir nach Spezialrezept meiner Sprachlehrerin Astrid zubereitet haben. Eine Auswahl an Fotos könnt ihr hier sehen.

Ansonsten fängt morgen ganz offiziell die Uni bei mir an und freue mich wirklich schon sehr, mir eifrig alle Bücher anzuschaffen. Das sind richtige Schnäppchen in Norwegen: Allein für meinen Norwegischkurs kostet das läppische 150 Euro. Reader, die man in Deutschland hinterher geworfen bekommt, kosten hier ca. 80 Euro (bei selber Seitenanzahl!), hinzu kommen noch Bücher, die man sich selbst anschaffen muss. Pro Kurs kann man also locker flockig mit 200 Euro rechnen. In diesem Sinne: Ein Hoch auf die Gruppenarbeit…;-) Im Laufe der Woche gibt es dann einen ausführlichen Bericht über die Uni!

Noch etwas hat sich in der Zwischenzeit erübrigt: Meine WG ist nun mit Semesterbeginn komplett. Wir sind jetzt zwei Deutsche, ein Kandier und, ganz neu hinzugekommen, zwei Vietnamesen (der Norweger war nur den Sommer über da, ist jetzt wieder weg). Für alle, die noch nie mit zwei Vietnamesen in einer 5er-WG zusammengewohnt haben, hier ein Kurzüberblick: 3-5 Mal am Tag wird gekocht, das erste Mal ca. 7.30 Uhr – Vietnamesen essen nur warm und kochen nur frische Zutaten. Essen allgemein ist eine Art Staatsakt, dauert nie unter einer Stunde (exklusive kochen) und gerne zusammen mit Freunden. Die Küche, vorher nur sporadisch besucht, ist nun mittlerweile fest in vietnamesischer Hand und mitunter 5 Stunden am Tag Zentrum regen Treibens. Insofern hat sich das WG-Leben zugegeben doch ein wenig verändert. Fremde Kulturen kennen lernen, Völkerverständigung, interkultureller Austausch – in unserer Küche alles brühwarm serviert…

Eine der lustigsten Dinge der letzten Wochen hat sich ereignet, als der Kanadier Jake sich in unserer „Großküche“ (Größe ist genauso klein geblieben, nur doppelte Anzahl an Leuten…) mitten ins vietnamesische Kochritual hinein eiskalt eine Tiefkühlpizza in den Ofen geschoben hat. Wer sich immer schon mal gefragt hat, was ein Kulturschock ist – bitteschön.

Samstag, 16. August 2008

As time goes by...

Hi Leute,
mittlerweile bin ich nun über einen Monat in Oslo und es ist mal wieder Zeit, ein kleines Fazit zu ziehen. Die Uni fängt hier erst am 25. August an und trotzdem bin ich schon recht lange hier. Und genau das ist auch das Beste, was passieren konnte, wie ich finde. In den letzten fünf Wochen habe ich den Sprachkurs gemacht, bin gereist und habe den skandinavischen Sommer erlebt. Und bin pleite. Eigentlich wird es langsam Zeit, heim zu fahren... (Spaß) Das Auslandssemester hat bislang also noch nicht wirklich mit studieren zu tun, aber man ist ja schließlich auch hier, um eine gute Zeit zu haben. Und genau das war es auch.
Ein voller Gewinn war auf jeden Fall der Sprachkurs. Jetzt, wo alle anderen Erasmus-Studenten erst nach Oslo kommen, kann ich längst die Sprache und habe einen größeren Bekanntenkreis. Im Moment ist an der Uni die "Orientation Week", wo so ziemlich alle neuen internationalen Studenten einigermaßen hysterisch durch die Uni rennen, unmenschlich viele Informationen aufzusaugen versuchen und nach Anschluss suchen. Da ich schon über einen Monat hier bin, habe ich die meistens Sachen schon geregelt und kann alles entspannter angehen. Nicht vergessen darf man auch den Aspekt des Wetters. Mittlerweile hält der Herbst Einzug in Oslo, es regnet recht viel und die Temperaturen sinken stetig. Richtig warm ist es nur noch vereinzelt. Wenn man erst jetzt in Oslo ankommt, erlebt man ein ganz anderes Oslo als noch im Juli. Im See oder Fjord baden wird von jetzt an kaum noch jemand können.
Noch ein paar Worte über die Orientation Week. Jeder Student wird in sogenannte "buddy groups" eingeteilt, wo man verschiedene Sachen zusammen unternimmt und die Uni mit anderen zusammen kennenlernen kann. Sozialer Anschluss und auch Anschluss an die Uni sind somit garantiert. Dieses System finde nicht schlecht und auch allgemein merkt man, dass sich die Uni gut um ihre Studenten kümmert. Verloren geht hier keiner. Die Verbindung zwischen Uni und Studenten ist hier in Norwegen viel enger und die Identifikation mit der Uni ist überall spürbar. Jeder engagiert sich in Studentenvereinen und der Campus ist auch ein Ort, wo man sich gerne und oft trifft. Ich habe das in Deutschland ganz anders kennen gelernt. Die Identifikation ist schon interessant: Oslo ist Nr.5 der Top-Unis in Europa, wie ich gehört habe, und jeder Norweger hier ist darüber ziemlich stolz. Jedes Institut bedankt sich herzlich bei seinen Austauschstudenten, dass sie nach Oslo gekommen sind und "ihren Teil beitragen". Was jetzt vielleicht ein wenig nach Propaganda klingt, ist in Wirklichkeit etwas, dass einen sehr motivieren kann: Das Gefühl, sich in einem funktionierenden Kollektiv zu befinden. Das nehme ich gerne mit, bevor ich wieder in der deutschen Anonymität verschwinde.
Wie das Programm bei der Orientation Week so aussieht, kann man gut am morgigen Tag zeigen: Ab 12 Uhr Grillen auf einer Insel im Fjord, nachmittags wird dort dann auch Fußball und andere Sachen gespielt, und abens ist "Pub-Crawling" angesagt. Schon manchmal ein lustiger Gedanke, dass man eigentlich zum Studieren hier ist...

Dienstag, 12. August 2008

Over the top!

Wie gesagt, wandern war ne feine Sache auf den Lofoten. Gut ausgestattet, wie wir waren, hatten wir natürlich keine Karte und sind meist einfach drauf los gelaufen. So nach dem Prinzip: Hey, der Berg da sieht doch nicht schlecht aus. Das war einerseits natürlich lustig und spannend, weil man nie wusste, ob man auch an- oder wenn ja, ob man auch wieder herunterkommt. Das war andererseits aber auch nicht so lustig, weil man dann auch nie wusste, ob man eben überhaupt ankommt. Oben oder unten. Gut ausgestattet waren wir aber mit Alex, einer österreichischem Bergsteigerlegende, der im Gegensatz zu allen anderen im Bergsteigen sehr bewandert war (Achtung, Wortspiel!). So kam es, dass wir überlebten, obwohl wir sehr steile Hänge hochkletterten , dichte Wälder durchquerten (in diesem Momenten tat es gut sich einzubilden, dass die Wölfe und Bären auf den Lofoten sicher grad in dem Wald auf dem Hügel gegenüber herumtollen) und kleinere "Sümpfe" passierten. Als nach dem ersten Wandertag einige Leute einsehen mussten, dass es eventuell doch etwas ungünstig ist, Berge in norwegischen Polarregionen in Chucks zu besteigen, waren Alex und ich am folgenden Tag die einzigen verbleibenden Wanderlustigen und starteten zu einer echten "Männertour". Das war eigentlich DAS Highlight des gesamten Trips. Oben vom Gipfel aus konnte man einen großen Teil der Inselkette überblicken , viele Seen und zu allen Seiten das Meer. Zum ersten Mal konnte man erahnen, dass die Lofoten Inseln sind, die wirklich komplett im offenen Meer liegen. Von unten aus konnte man wegen der hohen Berge ja nie wirklich weit sehen. In einer schweißtreibenden 6 Stunden-Tour haben wir also "unseren" Berg erklommen, steil vom Meer aufschießend und ca. 800-1000 Meter hoch (Start war auf Meereshöhe). Ausgelaugt und glücklich habe ich mich dann oben auf dem Gipfel zum ersten Mal überhaupt in ein "Gipfelbuch" eingetragen (was ich ohne Alex gar nicht gefunden hätte...hehe). Auf norwegisch natürlich. So wie einige andere Leute, eigentlich ausschließlich Norweger, die in einem Bruchteil unserer Zeit den Gipfel erreicht hatten. Aber wer will das hören? Das hier ist schließlich meine story ;-)
Schaut euch lieber den Ausblick vom Gipfel hier an!

Trondheim - Bodø - Stamsund - Bøstad - Å

Hi Leute,
leider konnte ich meinen kleinen Reisebericht nicht während der Reise selbst fortsetzen - ich war nämlich nicht nur nördlich des Polarkreises, sondern auch nördlich jeglicher Zivilisation. Sogar so nördlich, dass es nachts nun gar nicht mehr dunkel wurde (auf dem oberen Bild zu sehen, ca. 3Uhr). Das Negative daran war, dass es dort eben kein Internet gab, das Positive aber, dass man wirklich mal "in der Natur" war. Davon gab es echt mehr als genug. Wirklich schön.
Von Trondheim ging es wie gesagt 10 Stunden lang mit dem Zug durchs Nichts und über den Polarkreis nach Bodø, wo wir eine Nacht Zwischenstopp gemacht haben und in Hütten auf einem Campingplatz übernachtet haben, der schon erahnen ließ, was einen auf den Lofoten erwartet. Am nächsten Tag ging es dann per Fähre auf die Lofoten. Was wir als mittleren Fischerkutter erwartet hatten, stellte sich als wahrer Luxusdampfer heraus, denn genau zu der Zeit als wir fahren wollten, legte eine "Hurtigrute" (www.hurtigruten.com) von Bodø nach Stamsund (Lofoten) ab und für 4 Stunden konnte man mal testen, wie das berühmte Postschiff so durchs Wasser gleitet. Für 4 Stunden wars ganz nett, aber wenn ihr mich fragt: Fähre is Fähre. Die berühmte 11-tägige Tour an der Westküste Norwegens wäre mir zu langweilig.
Auf den Lofoten angekommen, wurden wir jeden einzelnen Tag mit praller Sonne und Spitzentemperaturen bis zu 12 Grad verwöhnt. Eigenartigerweise eignete sich beides ziemlich gut um zu wandern (siehe auch gesonderter Blogeintrag).
In unserem ersten Ziel, der Weltmetropole Bøstad (gefühlte 30 Einwohner), haben wir nach der Disko in Trondheim ein erneutes exotisches Übernachtungserlebnis zugewiesen bekommen: Der Anbieter "Borg overnatting" (www.borg-overnatting.no) entpuppte sich quasi als die dörfliche Grundschule, wo wir im verwaisten Lehrerzimmer speisten und in einem minituriasierten Klassenzimmer geschlafen haben. Warum es eine Grundschule war? Die Toiletten im Keller waren ungefähr auf Knöchelhöhe angelegt...
Ein wenig menschenleer war es in Bøstad (sonst wären in der Schule ja auch Schüler gewesen und nicht ich), aber wirklich sehr schön. Da einem eh nichts anderes blieb außer zu wandern, taten wir das und konnten wirklich viel Schönes sehen. Eigentlich waren wir fast den ganzen Tag "draußen an der frischen" Luft, was dann auch dazu führte, dass man so gegen 22h total platt war und kaum noch "die Augen offen halten" konnte. Morgens lange schlafen, draußen lange bei Sonnenschein spielen und abends früh ins Bett gehen - da hatte man glatt Lust, gleich komplett in die Grundschule einzuziehen ;-)
Nach drei Tagen in Bøstad ging es dann weiter zum Örtchen Å, das ganz an der Südspitze der Inselgruppe liegt. Unglaublichweise wohnten dort noch weniger Leute. Dort war die Natur aber noch mehr voller Kontraste: erst ein Strand, dann fast steil in den Himmel aufschießend ein 1000m hoher Berg, Seen, mehr Berge und, irgendwie fast dazwischen eingequetscht, ein paar typische Fischerhäuschen ("rorbuer"). Norwegen, wie aus dem Reisekatalog...
Schon lustig, dass Å überhaupt ein eigenes Ortsschild besitzt. Ein Foto davon ist natürlich der Renner für Touristen. Und ja, ich habe es natürlich (!) auch fotografiert. Stelle es aber nicht hierein. Zu touristisch irgendwie. Und ich bin ja ein "Traveller" ;-) Außerdem sind die anderen Fotos hier ja auch ganz nett anzusehen. Viel Spaß dabei!

Sonntag, 3. August 2008

Gruesse aus Trondheim

Hi zusammen,
ich bin seit gestern in Trondheim, alles ganz nett hier. Bereits die Landung mit dem Flugzeug von Oslo war das erste Highlight: Zerklueftete Kuestenlandschaften, jede Menge Inseln, strahlender Sonnenschein... und... zwei Reihen vor mir kotzten sich ein paar Maedels die Seele aus dem Leib. Zugegeben, es war etwas boeig draussen und es hat zeitweise auch heftiger geruckelt - aber kein Grund gleich sein Mittagessen loszuwerden (denkt an die Preise hier!) ;-)

Angekommen in Trondheim sind wir gleich zum Hostel - der naechste Knaller! Das Hostel ist eigentlich kein Hostel, sondern eine Art Theater/Kino, das dem Studentenverbund gehoert, waehrend des Semesters als Partyhoelle genutzt wird und in den Sommerferien raeumen die einfach alles raus und Traveller koennen fuer 150 Kronen (18 Euro) darin pennen. Ich schlafe mit 24 anderen netten Menschen in der "Disko" dieses Hauses. Ihr muesst euch das vorstellen wie das "Schaf" in Muenster...es gibt eine Buehne, ueberall Beleuchtung/Fluter, eine Bar - und eben 25 Betten, die einfach im Raum stehen (meins direkt an der Buehne). Wenn man den Blick ueber den Raum schwenkt, sieht das aus wie ein Feldlazarett. Die Betten sind anscheinen auch tatsaechlich vom norwegischen Militaer. Aber seht selbst: http://tirc.no

Ansonsten ist Trondheim (drittgroesste Stadt in NO) eher gemuetlich, fast kleiner als Muenster. Trondheim liegt in einer Art Schneise, die die Stadt nicht direkt am Meer liegen laesst und trotzdem ca. 20 Zufluesse vom Meer hat. Wasser durchstroemt alle Teile der Stadt (vielleicht vergleichbar mit Stockholm) und die Innenstadt ist wie eine Insel angelegt. Ueberall gibt es Kanaele. Da haben wir gestern auch abends noch gegrillt. Wir sind jetzt 8 Leute vom Sprachkurs, die es hierher verschlagen hat (Mehrheit deutsch). In Trondheim ist es im Gegensatz zu Oslo irgendwie...norwegischer. Alles schlichter (Holzhaeuser) und traditioneller (viele Landesfahnen). Das betrifft auch das Wetter: Es ist direkt mal 10 Grad kaelter (jetzt 16 Grad) als in Oslo. Morgen gehts dann mit de Zug weiter nach Bodø. Insgesamt sind es von Oslo zu den Lofoten 1400 Kilometer, die wir zuruecklegen werden. Bis zum Nordpol waeren es dann "nur noch" 1800. Die Badehose habe ich also vorsorglich mal zuhause gelassen...

Freitag, 1. August 2008

Det gikk bra!

Hi Leute,
geschafft! Gestern war meine letzte Prüfung und alles ist gut gelaufen. 10 Minuten Präsentation auf Norwegisch und 3h Abschlussklausur - vor 10 Tagen noch unerreichbar und jetzt hat's geklappt. Das ist der Hammer! Ich kann bei Unistart (11.8.) dann Level II in Norwegisch machen (Level III entspräche dem Cambridge Certificate in Advanced English). Das war eigentlich am wichtigsten für mich, weil ein Anfängerkurs während des Semesters keinen Sinn gemacht hätte. Gestern war dann noch "Farewell Party" der International Summer School und die Stimmung war wie beim Abiball. Irgendwie hat man sich auch tatsächlich gefühlt wie beim Abi. Einmal wegen dem Lernen und dem Klassengefüge und auch, weil sich jetzt Vieles zerstreut und einige, die man kennengelernt hat, in andere Städte gehen zum Studieren.
Zum Ausgleich des Prüfungsstresses gehts morgen dann direkt los zu einem 9-tägigem Trip auf die Lofoten (www.lofoten-online.de) mit ein paar Leuten vom Sprachkurs. Morgen fliege ich erstmal nach Trondheim, da bleibe ich dann zwei Tage um dann am Montag mit dem Zug nach Bodö zu fahren. Die Fahrt wird 10 Stunden dauern, ist aber angeblich ziemlich sehenswert, da man an Fjorden vorbeikommt, Gletscher passiert und auch den Polarkreis überquert. Von Bodö aus setzen wir dann mit der Fähre über nach Moskenes auf den Lofoten und ab da gibt es noch keinen konkreteren Plan. Einigen Leuten hier schwebte dort oben eine Art Strandurlaub vor. Macht bestimmt Spaß im Polarmeer ;-)
Also, heute wird erstmal gechillt und ich melde mich von Trondheim wieder!