Donnerstag, 2. Oktober 2008

Feiertag - freier Tag?

Wenn Kati Witt schon zur BILD-Blattkritik eingeladen wird und die Bundesausgabe des 3. Oktober mitproduzieren darf, dann heißt es mal wieder: Tag der Deutschen Einheit...

Mein erster deutscher Feiertag (zumindest bewusst wahrgenommener), den ich in Oslo verbringe. Doch hier kümmert das natürlich keinen, morgen ist normal Uni - und so bleibt mir nur, morgen früh auf bild.de alle Ost-Klischees anzuschauen, die von, mit und in Kati Witt hinein produziert wurden.

Kati Witt, das Ostklischee schlechthin - der Popkommerz des lebenden DDR-Museums. Vielleicht eine Heidi Klum light der anderen Seite Deutschlands. Zumindest aber Ikone des Kuschel-TV: Hier ein Grinsen, da ein Küsschen und hauptsache wenig Politisches. Denn das traut der Kati dann doch keiner zu. Oder, falls das jemand anders sieht: Es nimmt ihr zumindest keiner ab. Zumindest keiner, der weiß, wie es war - damals in der DDR. Die Begründung, wen wundert's bei diesem Anblick, ist einfach - sie ist fraglos vor allem eines: eine Sympathieträgerin. Wie Olli Bierhoff, nur auf Kufen.

Die Frisur sitzt, Lächeln und Kleid auch, kann also losgehen. BILD-Produktionsraum in Berlin, gegen 10.30 Uhr. Auf zur Blattkritik. Morgen wird die Einheit ja "erwachsen", da darf Kati natürlich nicht fehlen. Kati, die jetzt lieber "Frau Witt" heißt. "Jetzt sind wir sehr gespannt auf Ihre Meinung, Frau Witt", sagt Kai Diekmann. Und plötzlich ist sie da: die Stille.

Kati Witt, 42 Jahre hübsch, zweifache Olypiasiegerin, 20 Jahre Leistungssport, Geschäftsfrau und Model, Schauspielerin und Ex-Playboy-Nackedei, schillernde Figur der deutsch-deutschen Integration, sagt... erstmal nichts. Außer: "Oh, sind aber viele Leute hier...! Das hätt ich jetzt aber gar nicht gedacht." Stimmt, Frau Witt. Es sind genau 82 Millionen.

Kati ist so gar nicht Osten. Hätte sie doch nur nicht ihren lieblichen Dialekt. Der ist wohl das einzige rudimentäre Element einer Karriere, die schon kurz nach dem Mauerfall in einer zweijährigen Liason ausgerechnet mit "Mac-Gyver" Richard Dean Anderson mündete, aber einmal ganz woanders begann. In der Jugendsportschule Karl-Marx-Stadt.

Und so spinnt Kati die Fäden einer Zeitungsausgabe, die am Tag der Deutschen Einheit wohl von jedem sechsten Deutschen gelesen werden wird. Kati als scheinbar veritables Ost-Logo einer Zeitung fürs Volk. Kati, die westlichste Braut aus ganz Fernost. Die ihre Karriere der DDR deswegen verdankt, weil sie eigentlich nicht mehr zu ihr gehört und eben doch auf sie projiziert wird - von seiten der Zuschauer jedenfalls. Andere Prominenz aus den neuen Bundesländern gibt es eben kaum.

Deutschland wird jetzt 18. Und wie immer am 3. Oktober wird Kati, wenn man sie auch sonst kaum sieht, wieder aus der Schublade herausgekramt. Vielleicht sollten wir deswegen auch mal einen Kati Witt Feiertag einführen. Einen, der nur ihr gebührt. Soll sie sich mal so richtig feiern lassen. Damit sie dann am 3.10. frei hat. Auf ewig kann dieses Tempo ja keiner durchhalten - irgendwann muss mal ein Nachfolger her. Die Zeit ist reif. Wir sind ja jetzt erwachsen.

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