Montag, 15. September 2008

Durch den Monsun

Letztes Wochenende hatte ich das Vergnügen meinen Kumpel Alex in Bergen an der Westküste Norwegens zu besuchen (unser kongeniales Duo wurde ja leider nach dem Sprachkurs getrennt). Leider komme ich aufgrund von Hausarbeitenstress erst jetzt dazu, darüber zu berichten. Aber besser spät als nie.
Bergen ist ja bekanntermaßen die verregnetste Stadt Europas. Kein Scherz, ich hab das mal recherchiert. An durchschnittlich 235 Tagen im Jahr ist es nass, die durchschnittliche Niederschlagsmenge im Jahr beläuft sich auf 2,25 Meter. Zum Vergleich: Frankfurt am Main hat gerade mal ein Drittel des Niederschlags. Am fiesesten ist es im September, wenn es in Bergen durchschnittlich 22 Regentage und 283mm Niederschlag sowie eine relative Feuchte von 80 Prozent gibt und das dann bei einer Durchschnittstemperatur von 9 Grad Celsius. Kommt da nicht Freude auf…? Angeblich gibt es sogar Regenschirmautomaten in der Stadt – hab ich aber nicht gesehen. Wär ja auch zu schön fürs Klischee…
Mit diesen Fakten im Hinterkopf, war ich auf das Schlimmste vorbereitet und umso erstaunter, als ich in der Wettervorhersage ein Wochenende fand, an dem (fast schon geschichtsträchtig für Bergen) vier Tage purer Sonnenschein vorausgesagt wurde. Misstrauisch überlegt ich noch lange Zeit hin und her, wägte ab und entschied mich dann dem russisch Roulette www.wetter.com zu vertrauen. 4 Tage Sonne in Bergen - bei diesem einmaligen Naturschauspiel musste ich natürlich unbedingt dabei sein und nahm freitagmorgens gleich die erste Maschine (das klang wie in nem Hollywoodstreifen, oder?).Und tatsächlich: Ich habe während dieser 4 Tage nicht einen Regentropfen gesehen! Stattdessen eine der heftigsten Studentenpartys der jüngeren norwegischen Geschichte. Bereits gegen 16.30 Uhr wurden die ersten Kästen Bier rangekarrt und alle Studenten, die norwegischen vorneweg, konnten mal zeigen, was in ihnen steckt. Man muss dazu sagen: Alex studiert an der NHH Business School, ich war also unter ausschließlich BWLern. Dass das kein Nachteil sein muss, zeigt folgendes Beispiel: Schon bei der ersten Unibesichtigung mit Alex am Freitag fielen mir diverse Bierlaster auf dem Unigelände auf. Der Grund: Die NHH wird von der Bierbrauerei „Hansa“ gesponsort. Ich wiederhole: GESPONSORT. Da hat sich wohl mal ein findiger BWLer in die Chefetage gemogelt… Jedenfalls sitzen die Jungs in Bergen nie auf dem Trockenen – und irgendwie passt das ja auch zu den Niederschlägen in der Stadt, und: zu der feucht-fröhlichen Party, die so ziemlich alle Blöcke des hiesigen Wohnheims einnahm. Vergleichbar war das vielleicht mit dem amerikanischen „Spring-Break“ (der „wet-Tshirt-contest“ lässt grüßen), einfach alle drehen am Rad, Trinkspiele soweit das Auge reicht und das von 4 Uhr bis zum nächsten Mal, wenn auf der Uhr die 4 aufblinkt. Welche Ausmaße dieses Partys annehmen können, zeigt ein Vorfall von vor ein paar Wochen, als jemand über Alex (6. Stock, wahrscheinlich betrunken) aus dem Fenster sprang oder zumindest fiel… Natürlich ein Einzelfall (hat überlebt), aber was das Feiern und Trinken angeht, herrschen in Norwegen echt andere Maßstäbe…

Am nächsten Tag war logischerweise erstmal chillen und Katerfrühstück angesagt. Und wo geht das bitteschön besser als auf dem Fischmarkt? Der ist in Bergen von der Qualität her legendär und wir kamen nicht drum herum, uns ein dickes Stück geräucherten Lachs zu kaufen. „Schweine“teuer, aber unglaublich gut. Lustigerweise gab es auf dem Fischmarkt auch Elchwurst zu kaufen, an der kamen wir natürlich auch nicht vorbei.
Auf der Rückfahrt nahm ich den Zug und freute mich auf eine der populärsten Eisenbahn-Strecken Norwegens. Und kaum war ich aus dem sonnigen Bergen raus – Regen… Gepaart mit Nebel und etlichen Tunnels auf der Strecke, so dass ich so ziemlich nichts gesehen hab (meine Hausarbeit hat’s gefreut). Dabei gab es in meinem Abteil extra eine Art Zwischenraum, der mit zwei Ledersesseln ausgestattet war, damit man in lässigem Ambiente die Aussicht genießen kann. Zurück in Oslo bin ich erstmal weiter mit den Hausarbeiten aus Deutschland beschäftigt. Soll eh regnen die nächsten Tage.

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